Der Monstrumologe (Reihe von Rick Yancey)
(Unbezahlte Werbung/Rezension)
Als Erstes möchte ich sagen, dass diese vierteilige Buchreihe oberflächlich betrachtet irgendwie anmutet wie eine dunklere Variante von Harry Potter. Doch gerade die Wandlung, die die Hauptfigur, der Junge Will Henry, im Verlauf der Reihe durchmacht, ist so düster, dass Potter-Fans von diesem Werk eventuell besser die Finger lassen sollten. Die auch sonst sehr düstere Ausrichtung des Werkes wird dem Leser zum Glück recht schnell kommuniziert, wenn der Autor eingangs wunderbar detailreich über die Sezierung eines Monsters berichtet.
Monster sind hier überhaupt – wie der Titel unschwer vermuten lässt – die heimlichen Hauptdarsteller. Diese werden nämlich von Doktor Warthrop und seinem jungen Assistenten Will Henry gejagt. Nun ist es hier aber glücklicherweise nicht so, dass sie reihenweise als gesichtsloses Kanonenfutter von unseren Helden um die Ecke gebracht werden. Jeder Band der Reihe ist einer ganz speziellen, gut ausgearbeiteten und detailreich beschriebenen Monster-Gattung gewidmet. Die Hintergrundinformationen, die in Hülle und Fülle geliefert werden, sind stets ein wichtiger Bestandteil des Ganzen und bestimmen den Verlauf der Jagden.
Die Tatsache, dass die Buchreihe im Jahre 1888 beginnt, macht das ganze noch deutlich spannender. Die Reisen zu den teils exotischen Schauplätzen an sich sind bereits gefährliche Abenteuer. Keine Flugzeuge. Autos waren gerade erst erfunden worden. Und noch viel wichtiger: Keine modernen Feuerwaffen, die den Monstrumologen zu viel Macht verleihen würden. Die Gefahr für die Jäger ist allgegenwärtig.
So viel also zum äußeren Rahmen.
Die Monsterhatzen sind schon für sich allein genommen äußerst spannend zu lesen. Was diese Werke allerdings hervorstechen lässt, ist die Dynamik zwischen Doktor Warthrop, einem erfahrenen Monstrumologen und seinem Schütz – und Lehrling Will Henry. Doktor Warthrop erscheint anfangs als äußerst gewissenlos, kalt, herrisch und pragmatisch. Erst im Verlaufe der Handlung wird klar, wie er so geworden ist, und warum diese Sicht auf die Dinge seinen Charakter inzwischen prägt. Der junge Will Henry ist anfangs zu naivem Staunen und Gehorchen verurteilt, aber das ändert sich glücklicherweise über die Zeit. Die Beziehung der beiden Figuren ist brillant umgesetzt und mindestens so spannend wie die äußere Handlung. Mehr kann ich an dieser Stelle nicht verraten, ohne zu viel vorwegzunehmen.
Was aber unbedingt noch erwähnt werden sollte, ist die Sprache, die Rick Yancey hier verwendet. Sie passt perfekt ins Jahr 1888 und der Übersetzer – Axel Franke – hat absolut überragende Arbeit geleistet. Geschliffen. Elegant. Manchmal umständlich. Und dennoch eines: drastisch und an den richtigen Stellen gnadenlos grausam. Herrlich! 🙂
Selbst falls man die eigentliche Geschichte nicht mögen sollte (was sehr unwahrscheinlich ist, wenn man sich auf einer Seite wie bloodword.com herumtreibt …) – alleine an den Formulierungen kann man sich ergötzen. In den letzten Jahren ist mir nur ein Autor untergekommen, der Rick Yancey in diesem Punkt das Wasser reichen könnte, und das ist Patrick Rothfuss. Der allerdings hat einen ganz anderen Stil.
Wie immer gibt es hier keine Nacherzählung der Geschichte, sondern eine uneingeschränkte Empfehlung meinerseits. Monstermäßig gut und ein Pflichtkauf für jeden, der auf Gothic-Horror und Gruseliges im Allgemeinen steht!
P. S.: Eines noch: Die Taschenbuchausgaben des Lübbe-Verlages sind mit zahlreichen, wirklich stimmungsvollen, schwarz-weißen Illustrationen von Iacopo Bruno versehen, was die Wertigkeit dieser sehr kunstvollen Buchreihe noch weiter erhöht. Die Titel der einzelnen Bände lauten:
Der Monstrumologe
Der Monstrumologe und das Drachen-Ei
Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo
Der Monstrumologe und die Insel des Blutes
Die Hörbuchversion wird von Christoph Wortberg (passender Name für einen Hörbuchsprecher … 😉 )gelesen und ist 457 Minuten lang. Leider musste ich bei der Recherche auf der Verlagsseite feststellen, dass bisher nur der erste Band der Reihe als Hörbuch umgesetzt wurde. Wäre schade, wenn man das nicht durchziehen würde – ich werde die Sache auf jeden Fall im Auge behalten!