„Unsympath“ von Robin Felder – Zynisch, gnadenlos und intelligent mit Subtext

Buchvorstellung / Rezension zu „Unsympath“ von Robin Felder.

(Verlag: EDEL, Genre: Satire / Belletristik)

Scharfes Auge, böser Geist … großer Spaß!

Klappentext: (Zitat):

Peter Weidner hat einen Job im Musikbusiness, ein hohes Einkommen, einen Jaguar, viel Freizeit und eine massive Persönlichkeitsstörung. Seine aktuelle Lieblingsbeschäftigung sind Frauen, die per Kontaktanzeige die große Liebe suchen. Ein perfekt oberflächliches Leben. Wären da nicht seine unüberwindbare Abneigung gegenüber seinen Mitmenschen, sein neurotischer Perfektionismus und sein massiver Selbstekel. Während er sich nach außen hin freundlich und zurückhaltend gibt, werden in einem Inneren Widerwillen und Hassgefühle immer stärker …In seinem Romandebüt gelingt es Robin Felder, die Leere seiner Hauptfigur mit einer Fülle von Beobachtungen zur Musikbranche, zum Alltags- und zum Liebesleben zu verbinden, die in ihrer schmerzhaften Genauigkeit ebenso verstörend wie amüsant sind. / von Amazon.de

Diese Buch beginnt schonmal mit einer interessanten Grundvorraussetzung. Der zynische, aber schonungslos ehrliche Ich-Erzähler lässt uns an seiner Gedankenwelt teilhaben. Erinnert mich an einen gewissen Herrn Stelfox (?). In der Tat ein Unsympath. Relativ schnell kommt man auf den Trichter, dass seine emotional Kälte, ja gar seine Unfähigkeit, überhaupt etwas zu empfinden sein Schutzmechanismus ist. Ein ziemlich stacheliger Schutzmechanismus, der am Ende nur in Einsamkeit und Depression führen kann.

Zitat:

Wie ein Zelt hängt das dunkelblaue Paillettenoberteil der einen über den beiden riesigen Ausbeulungen darunter und betont die Angelegenheit nur umso mehr. Die Dinger müssen im Laufe der Jahre wachsen, denke ich mir. Es lässt sich tatsächlich nicht leugnen, die Anzahl Dinosaurier-busiger Seniorinnen steht in keinerlei Verhältnis zur Anzahl vergleichbar proportionierter junger Frauen. Suspekt. Ich sehe wieder weg. Höre sie noch was mit »Reha« und »sechs Wochen« sagen.Volltreffer.Dumpfer weiblicher Intimgeruch, vermischt mit Old Spice aus der Literflasche des kürzlich verstorbenen Gatten, liegt in der Luft. Instinktiv atme ich flach, bis der Geruch, und damit ihre Existenz, verpufft ist. / von Amazon.de

Die Sprache von Robin Felder ist zielsicher, gnadenlos und inhaltsunabhängig durchaus vergnüglich zu genießen. Bei einem solchen Stil läuft man als Autor schnell Gefahr, als eitel oder gar überheblich rüberzukommen. Da diese Sätze nun aber einer Figur in den Mund gelegt werden, die eitel, egozentrisch im schlechtesten Sinne und überheblich ist, kann sich der Autor hemmungslos austoben. Sehr zum Vergnügen des Lesers.

Zitat:

Die Luft ist sehr warm. Ich schleiche weiter. Mit höchstens einer vagen Vorstellung, wohin. Und mit noch geringerer Begeisterung als zuvor. Kurze Zeit später, gegen 18:03 Uhr, laufe ich beinah einer Sängerin über den Weg, die ich vor Jahren mal aufgenommen habe. Sie lutscht an einem Lolly, von dem nur der weiße Stiel aus ihrem Mund schaut. Kann mich nicht mehr erinnern, wie sie heißt. Irgendwas mit S. Nein P. Nein, doch S.Jetzt weiß ich’s: Mandy heißt sie. Schon der Name. Es ging damals um eine housige Dancenummer, für die ich Demo-Vocals brauchte. Ihre Stimme war nicht so besonders, aber wie alle Minderbegabten war sie äußerst überzeugt von sich. Versagertum und Selbstüberschätzung liegen dicht beieinander. / von Amazon.de

Allerdings: Natürlich hat das Buch eine Message, die unter all den kleinen Ekligkeiten lauert. Ich bin noch im ersten Drittel, aber ich weiß schon jetzt, dass mir mein Lachen im Verlaufe des Buches immer mal wieder im Hals stecken bleiben wird. Aber so will man das ja, oder? Was soll man denn mit einem Buch, das nicht berührt, nachdenklich macht oder idealerweise aufwühlt?

Aus kurz nach sechs ist plötzlich kurz vor acht geworden. Genaugenommen sieben vor acht. (Ich nehme es immer genau.) Ich sitze wieder und lese. Das mir vertraute, immer gleiche Streichquartett ertönt aus den Lautsprechern. Eine Art musikalischer Rausschmeißer, um auf den kurz bevorstehenden Ladenschluss aufmerksam zu machen. Der scharfe Kontrast zwischen dieser romantischen Beschallung und der ameisenhaften Betriebsamkeit im Laden beschwört jedes Maleine groteske Irrenhausszene vor meinem inneren Auge herauf. Eine Mischung aus »Einer flog übers Kuckucksnest« und »Twelve Monkeys«. Das im Hintergrund leise hörbare Quietschen der Rolltreppe, das wie Kinderweinen klingt, tut einÜbriges dazu. / von Amazon.de

Gerade habe ich ergoogelt, dass Robin Felder einen sehr ähnlichen Werdegang hinter sich hat wie sein Protagonist. Mit diesem Wissen verschwimmen nun natürlich die Greznen zwischen Werk und Autor ein wenig. Auch das macht Spaß.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.

Für wen ist dieses Buch geeignet?Allen, die Spaß an eloquenten Bösartigkeiten haben.
Was zeichnet dieses Buch aus?Die Sprache und der ungeschönte Blick.
Wofür kann man dieses Buch verwenden, nachdem man es gelesen hat?Ich denke es würde dem Geist des Werkes entsprechen, würfe man es dem nächstbesten Deppen an den Kopf.
Sollte man mehr Bücher von Robin Felder lesen?Jup, könnte interessant werden!
Warum das alles?Geld. Schnallen. Schnaps. Leere.

Gastrezension von Franzl
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